Die Khrapunovs stellen Strafantrag wegen Spionage
Der Clan bezeichnet sich als Opfer von computergestützten Angriffen der kasachischen Behörden.
Quelle Artikel: Le Temps – Les Khrapunov portent plainte pour espionnage.
Während der Bundesrat Johann Schneider-Ammann am Mittwoch seinen offiziellen Besuch in Kasachstan und Aserbaidschan angetreten hat, geht der verdeckte Krieg zwischen den kasachischen Behörden und der Familie Khrapunov weiter. Zwei Strafverfahren wurden im Januar in Genf und Zürich nach der Einreichung von Klagen gegen unbekannt eröffnet wegen „unberechtigten Zugangs zu einem EDV-System” und „Hinterziehung von Daten” sowie „unrechtmäßig ausgeführter Handlungen eines ausländischen Staates”.
Die Klageanträge wurden von Viktor Khrapunov und dem Mitarbeiter der Rechtsanwältskanzlei Lalive in Zürich eingereicht, der für den ehemaligen Minister Kasachstans tätig ist. Die dritte Strafanzeige wurde im März in Genf von einem Rechtsanwalt Leila Khrapunovs, der Ehefrau von Viktor Khrapunov, eingereicht.
Laut Aussagen der Kläger stecken die kasachischen Behörden hinter diesen Angriffen. Der für die Kommunikation Viktor Khrapunovs verantwortliche Berater Marc Comina bestätigt: „Es wurde wiederholt versucht, die Computer von Viktor Khrapunov und seinen Anwälten mit Spyware und Viren zu schädigen.” „Es kann sich um nichts anderes handeln”, erklärt uns der Genfer Anwalt, der die Klage eingereicht hat und lieber anonym bleiben möchte. Die Namen der Kinder Khrapunovs erscheinen in der Betreffzeile der Schadsoftware-E-Mails und wurden eindeutig vorsätzlich an uns allein gerichtet“.
Für Marc Comina, „ist es erschütternd, dass die kasachische Regierung, die täglich staatliche Propaganda und Spionage betreibt, schamlos die gleichen autoritären und antidemokratischen Methoden auf Schweizer Gebiet ausübt, mit dem Ziel der Einschüchterung von Regimegegnern”. Der mit dem Fall betraute Staatsanwalt Jean-Bernard Schmid sagt nur, dass „die angezeigten Fakten nicht unerheblich sind. Die Untersuchung ist im Gange.”
Kommunikationsschlacht
Die Familie Khrapunov, das heißt, das Ehepaar und ihre erwachsenen Kinder Elvira und Iliyas, stehen seit Herbst letzten Jahres selber unter der Belastung eines offenen Untersuchungsverfahrens wegen Geldwäsche. Die Genfer Staatsanwaltschaft war dem Antrag auf Rechtshilfe nachgekommen, der im Frühjahr 2012 von Kasachstan gestellt worden war. Viktor Khrapunov wird beschuldigt, seine Amtstätigkeit genutzt zu haben, um seiner Ehefrau die Bereicherung durch Immobiliengeschäfte zu ermöglichen.
In dieser Geschichte versuchen beide Parteien, jeweils eine gute Figur zu machen. Im Februar und März hat die von den kasachischen Behörden für ihre Öffentlichkeitsarbeit beauftragte Anwaltskanzlei Homburger sich an deutschsprachige Zeitungen gewandt, darunter auch die NZZ, und ihnen die Dokumente im Zusammenhang mit dem Antrag auf Rechtshilfe präsentiert. Die Temps hatte die Kanzlei Homburger am Mittwoch kontaktiert, jedoch keine Antwort erhalten.
Für Marc Comina kann das Diffamieren durch die kasachischen Behörden kaum einen anderen Grund als Korruption haben. Sein Mandant „gibt zahlreiche Interviews im Westen und in den wenigen unabhängigen Medien Kasachstans, um die gegenwärtigen und früheren Praktiken der Regierung zu kritisieren, insbesondere die systematische Plünderung der Infrastruktur und der Ressourcen des Staates. Für den kasachischen Staat, der Milliarden für große internationale Kampagnen investiert, um sein Image im Ausland aufzupolieren, ist Khrapunov ein Störfaktor, der zum Schweigen gebracht werden soll.” Die Ehe des Sohnes Iliyas mit der Tochter des Milliardärs Muchtar Abliyasov, der ein Gegner des seit 22 Jahren amtierenden Präsidenten Noursultan Nasarbajew ist, hat die Lage nicht gerade verbessert. Iliyas Khrapunov ist in der Schweiz für seine außergewöhnlichen Immobilienprojekte bekannt. Sein Vater war Minister und Bürgermeister der ehemaligen Hauptstadt Almaty, bevor er in Genf Zuflucht fand (LT vom 28.12.2011).
Wird Präsident Noursoultan Nasarbajew diese Angelegenheit gegenüber Johann Schneider-Ammann erwähnen? Das Ziel der Reise ist klar: „Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen zu diesen immer wichtiger werdenden Partnern und Mitgliedern der Schweizer Stimmrechtsgruppe für die Institutionen von Bretton Woods” hieß es am Dienstag aus der Wirtschaftsabteilung des Bundes.
Bei der letzten Parlamentssitzung,hat Carlo Sommaruga (SP/GE), Mitglied des Nationalrates, den Bundesrat mit der Frage konfrontiert, „wo die Menschenrechte auf der Agenda dieser Reise stehen”. Vom Sprecher des DEFR, Eric Reumann, hieß es am Mittwoch, dass „die Schweiz immer um die Werte einer demokratischen Gesellschaft bemüht” sei.